Nahrungsergänzungsmittel in Pulverform: (Wie) wirken sie?

Nahrungsergänzungsmittel sind in aller Munde. Die Einnahme in Pulverform ist aufgrund ihrer einfachen Integrierbarkeit in Mahlzeiten oder Smoothies besonders beliebt. Doch wirken sich diese Nahrungsergänzungsmittel tatsächlich positiv auf die Gesundheit aus?

Nahrungsergänzungsmittel in Pulverform locken nicht nur mit gesundheitlichen Versprechen, sondern auch der einfachen Einnahme. Ein Löffel des Pulvers pro Tag soll demnach etwa im Fall von Athletic Greens die Zufuhr von 75 verschiedenen Vitaminen, Mineralstoffen, Botanicals, lebenden Kulturen und weiteren Inhaltsstoffen aus echten Nahrungsmitteln ermöglichen. Das wirkt auf den ersten Blick wie viel guter Inhalt, doch lässt sich dessen Wirksamkeit auch medizinisch belegen?

Mehr ist nicht gleich mehr

Daniel König ist Ernährungsmediziner am Institut für Sportwissenschaften der Universität Wien und steht dem Hype kritisch gegenüber. Er bemängelt im Interview mit dem Standard, dass bei den Inhaltsstoffen keine Mengenangaben vorhanden sind – so gebe eine große Menge an verschiedenen Inhaltsstoffen noch keinen Aufschluss über deren Wirkung. Der menschliche Körper ist an einen effizienten Umgang mit dem ihm zur Verfügung stehenden Nährstoffen gewohnt. Das hat zur Folge, dass nicht benötigte Vitamine und sekundäre Pflanzenstoffe keine positive Wirkung erzielen. Stattdessen werden sie als überschüssig abgetan und daher ausgeschieden.

Mögliche Risiken aufgrund der Fülle an Pflanzenextrakten

König konstatiert sogar mögliche gesundheitliche Risiken aufgrund der Fülle an enthaltenen Pflanzenextrakten. Zwar werde zunehmend mehr über sekundäre Pflanzenstoffe sowie deren antioxidative Wirkung bekannt, jedoch mangle es noch immer an wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Folgen der Einnahme ihrer Maximalmengen sowie deren kombinatorische Wirkung.

Die Wirkung von sekundären Pflanzenstoffen

Enthalten sind sekundäre Pflanzenstoffe in einer Vielzahl von Nahrungsmitteln wie etwa Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten oder Vollkornerzeugnissen. Sie haben neurologische, entzündungshemmende sowie antibakterielle Wirkungen. Darüber hinaus könnten sie laut einem Ernährungsbericht der Deutschen Gesellschaft für Ernährung möglicherweise vor verschiedenen Krebsarten schützen. Weiters vermitteln sie vaskuläre Effekte, beispielsweise eine Erweiterung der Blutgefäße oder eine Absenkung des Blutdrucks.

Wie wirken sich Überdosierungen von Vitaminen auf den Körper aus?

Zwar enthalten Nahrungsergänzungsmittel in Pulverform, wie beispielsweise das Präparat AG1, eine Vielzahl an wertvollen Inhaltsstoffen. Doch dabei sollte man deren Dosierung nicht außer Acht lassen. So enthält etwa eine Tagesration Ag1 420 Milligramm Vitamin C, während die Empfehlung des deutschen Bundesministeriums für Risikobewertung bei einer Höchstmenge von 250 Milligramm täglich liegt. Dieser Überschuss hat keine positiven Effekte auf die Gesundheit, sondern wird einfach ausgeschieden. Außerdem betont König, dass Reinsubstanzen nicht unbedingt eine bessere Aufnahme im Körper zur Folge haben.

Auf die Einnahme kommt es an

Marlies Gruber, Ernährungswissenschafterin und Teil des Forums Ernährung, steht dem Trend, Nahrungsergänzungsmittel präventiv einzunehmen, kritisch gegenüber. Im Interview mit dem Standard erklärt sie, dass dieses Vorgehen stets das Risiko einer Überdosierung berge. Stattdessen plädiert die Expertin für das sogenannte Food-First-Prinzip. Dieses bezeichnet den Ansatz, Nährstoffe größtenteils direkt über die Ernährung aufzunehmen.

Denn um positive gesundheitliche Effekte verzielen zu können, ist nicht nur die Menge einzelner Nährstoffe, sondern auch deren Zusammenwirken mit anderen aufgenommenen Lebensmitteln und den darin enthaltenen Nährstoffen entscheidend. Ein Beispiel: Fettlösliche Vitamine wie etwa Vitamin A, D oder E benötigen Fett als Transport. Eine Einnahme dieser Vitamine auf nüchternem Magen, wie sie zuweilen bei Nahrungsergänzungsmitteln empfohlen wird, erweist sich somit als sinnlos.

Von welchen Mängeln viele Menschen tatsächlich betroffen sind – und was man dagegen tun kann

Wir wollen klären, von welchen Nährstoff-Mängeln tatsächlich viele Menschen betroffen sind, und welche Lösungsansätze bestehen. Zuerst einmal lässt sich sagen, dass das Erstellen eines Blutbilds bei der Hausärztin oder dem Hausarzt unabhängig der Ernährungsweise oder des Gesundheitsstatus immer eine gute Möglichkeit darstellt, um einen Überblick über die eigenen Gesundheitswerte zu erhalten und eventuelle Mängel oder Überschüsse festzustellen. Viele Menschen leiden besonders in den Wintermonaten unter einem Vitamin D Mangel.

Das kann nicht nur negative Auswirkungen auf das Immunsystem, sondern auch auf die Knochendichte zur Folge haben, da es nur mit einem ausreichenden Vitamin-D-Spiegel zur Kalziumaufnahme im Darm kommen kann und somit der Knochenaufbau in Gang gesetzt werden kann. Doch auch bei Vitamin D ist Vorsicht vor einer Überdosierung geboten: Da Vitamin D zu den fettlöslichen Vitaminen zählt, kann es im Gegensatz zu wasserlöslichen Vitaminen nicht einfach ausgeschieden werden, sondern wird im Körper gespeichert und kann zu Verkalkungen der Organe, wie etwa Nierensteinen führen. Weitere häufige Mängel bestehen gegenüber Eisen und Vitamin B12.

Es empfiehlt sich, die Einnahme etwaiger Nahrungsergänzungsmittel immer vorab mit der zuständigen Ärztin oder dem zuständigen Arzt zu besprechen, um individuell geeignete Lösungen zu finden.

Quellen:

https://www.dge.de/wissenschaft/fachinformationen/sekundaere-pflanzenstoffe-und-die-gesundheit/#:~:text=Sie%20schützen%20möglicherweise%20vor%20verschiedenen,neurologische%2C%20entzündungshemmende%20und%20antibakterielle%20Wirkungen.

https://www.derstandard.at/story/3000000208374/hippe-nahrungsergaenzung-was-kann-das-gesundes-versprechen-in-pulverform

https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Vitamin-D-Mangel-Nahrungsergaenzungsmittel-koennen-Symptome-verhindern,vitamindmangel101.html

 

 

 

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