Kindliche Ängste: Ermutigung statt Vermeidung

Die Ursachen für kindliche Ängste können vielfältig und komplex sein. Jedoch spielt die Familie meist bei der Entstehung, aber auch bei der Aufrechterhaltung und Verstärkung eine bedeutende Rolle. Der richtige Umgang mit der Angst der Kinder ist jedoch äußerst wichtig für die Zukunft dieser Kinder.

Sind Kinder von stark ausgeprägten Angststörungen betroffen, können sie auch in ihrer zukünftigen Entwicklung gehemmt sein. Oft bleiben Angsterkrankungen zudem im Erwachsenenalter weiter bestehen. Ihre unmittelbaren Folgen können sich meist ein Leben lang auswirken – Trennungsängste können z.B. zu einer Schulphobie oder zum Abbruch der Berufsausbildung führen. Auch Traumatisierungen führen zu Angstsymptomen und Vertrauensverlust.

Da Ängste sich auf unterschiedlichste Arten zeigen, werden sie in einzelne Diagnosegruppen zusammengefasst. Die Angst vor Situationen (Höhenangst, Dunkelheit), vor Tieren (Hundephobie) oder die Angst, die Kontrolle über die eigenen Körperfunktionen zu verlieren (Harndrang, Erbrechen), treten typischerweise im Schulalter auf. Die Angst vor Krankheiten, vor spitzen Gegenständen oder vor Verschmutzung und Keimen wird oft durch Zwangshandlungen beruhigt. Im Jugendalter zeigen sich Ängste eher in Form von Beschämung in sozialen Situationen, wie etwa in der Öffentlichkeit zu reden oder zu essen. Die intensivste Form der Angst ist der Panikzustand, der existenziell bedrohlich erscheint.

Ängste erkennen und Umgang damit zeigen statt vermeiden

Angstzustände zeigen sich bei Kindern oft in Form von Übelkeit, Bauchschmerzen, Schwindelgefühlen oder Kopfschmerzen und werden oft nicht als Angstsymptome erkannt. „Das sind die körperlichen Begleiter von Ängsten“, erklärt Dr. Doris Hönigl, Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychiatrie und Neurologie. „Sie stehen manchmal so im Vordergrund, dass sie ohne das verursachende Gefühl beklagt werden.“

Eltern reagieren oft kontraproduktiv, weil sie dem Kind eine weitere Konfrontation mit der Angst ersparen wollen. „Vermeidung führt immer weiter in eine Sackgasse, da ermutigende Erlebnisse, eine Situation gut gemeistert zu haben, fehlen und die Tendenz besteht, sich immer weniger zuzutrauen“, so die Expertin. „Eine Konfrontation mit einer angstauslösenden Situation hat bei Kindern jedoch nur dann eine heilende Wirkung, wenn die Fähigkeit zur Selbstberuhigung gestärkt werden konnte.

Dies setzt voraus, dass die Bezugspersonen selber nicht durch starke Ängste in ihrer Regulationsfähigkeit eingeschränkt sind. Die Fähigkeit, sich selbst zu beruhigen, ist eine wichtige Basis, mit starken Ängsten umzugehen.“ Daher rät Doris Hönigl, stets eine validierende und ermutigende Haltung einzunehmen und die Kinder absolut ernst zu nehmen. Das bedeutet, den Kontakt auf Augenhöhe herzustellen und zu vermitteln: „Ich sehe, dass du Angst hast.“ In einem zweiten Schritt erfolgt die Unterstützung, diese Angst auszuhalten und zu überwinden. „Bei der Ermutigung geht es darum, mit dem Kind zu besprechen, wie es so selbständig wie möglich trotzdem die Situation meistern kann. Es heißt nicht, das Kind vor der Angst zu beschützen, dies fördert nicht das Vertrauen, künftig Situationen selber meistern zu lernen.“

Quelle: Kongress für Allgemeinmedizin, November 2019

„Bei der Ermutigung geht es darum, mit dem Kind zu besprechen, wie es so selbständig wie möglich trotzdem die Situation meistern kann. Es heißt nicht, das Kind vor der Angst zu beschützen, dies fördert nicht das Vertrauen, künftig Situationen selber meistern zu lernen.“

Dr. Doris Hönigl

 

 

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